Sword & Sorcery im Rollenspiel – Malmsturm im neuen Gewand

Vor knapp zwei Wochen ist die Neuauflage des Sword & Sorcery Rollenspiels Malmsturm erschienen. In einem edlen und aufwändigen Design tritt ein 400 Seiten dicker Brocken an um die Low Fantasy Welt für das Rollenspiel zu ermöglichen.

Auf der diesjährigen Feencon hatte ich die erste Ausgabe von Malmsturm  schon in der Hand und kurz durchgeblättert. Zu einem Spontankauf konnte mich dieser Band allerdings auf den ersten, zugegeben sehr oberflächlichen und schnellen Blick nicht bewegen. Doch die Aufmachung mit Goldschnitt und zahlreichen klassischen Bebilderungen ließen mich aufmerken und weckten mein Interesse erneut, als ich dann kurz darauf von einer Neuauflage las.

Was ist Malmsturm

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Malmsturm bedient das Low Fantasy Segment, das durch Klassiker wie Conan oder Elric von Melniboné bekannt ist. Oftmals wird das Genre auch als Sword & Sorcery bezeichnet und ist gekennzeichnet durch teilweise mächtige Helden, deren eigenes Schicksal im Vordergrund steht und die im Kampf gegen das Böse antreten. Nicht selten sind die Helden selber vom Schicksal gezeichnet oder geplagt, so dass es sich durchaus auch um Anti-Helden handeln kann. Damit ist das Setting zwar Fantasy, aber nicht mit DSA oder das Lied von Eis und Feuer zu vergleichen.

Das namensgebende Phänomen Malmsturm ist ein Effekt, der bei Anwendung großer Mengen Magie eintreten kann. Magie ist in der Welt von Malmsturm eine Manipulation der Umgebung, die bei unsachgemäßer oder übertriebener Anwendung Seiteneffekte auslösen kann. Dies kann sich auf eine lokale Region auswirken und nachhaltigen Einfluss auf die Welt und damit auch auf die Helden ausüben.

Das Malmsturm Rollenspiel basiert auf den Fate Regeln und wurde mit der nun vorliegenden Neuausgabe auf die aktuelle Version Fate Core angepasst. Das Grundregelwerk zu Fate  ist für das Spiel zwingend und separat erforderlich, da das Buch Malmsturm – die Fundamente “lediglich” die Regelanpassungen beschreibt und mit zahlreichen Beispielen und Hintergrundinformationen aufwartet.

Doch ebenso wie die Grundregeln für Fate folgt auch Malmsturm dem Open Source Gedanken und kann auch kostenlos in einer optisch abgespeckten Version als PDF bezogen werden. Die kostenpflichtigen Versionen sind farbig und im Falle des PDF Dokuments auch mit Hyperlinks für Querverweise im Dokument versehen. Neben der digitalen Fassung ist auch die ebenfalls dreifarbig mit Echtfarben gedruckte Version mit 400 Seiten in einem handlichen B5 Format (176×250 mm) verfügbar.

Was steckt drin

Vier Seiten Inhaltsverzeichnis lassen schon erahnen, dass Malmsturm für das Sword & Sorcery Genre viel Material bereit hält. Nach einigen allgemeinen Einführungen zu Genre und Spielstil folgen die überschaubaren Anpassungen der Regeln im Bezug auf Fate Core. Die Regelanpassungen sind sinnig und machen aus meiner Sicht für das Thema Sinn. Gefühlt wir Fate hier sogar in einigen Punkten verschlankt. Die Beziehungsgeflechte zwischen den Charakteren (jeder Charakter ist mit einem anderen und einem NSC verbunden) sollte die Gruppe schnell zusammenschweißen. Neu ist auch ein arkaner Stressbalken, der durch Anwendung von Magie gefüllt wird und von Zeit zu Zeit (idealerweise kontrolliert) abgearbeitet werden muss.

Runenwerfer
Runenwerfer aus Malmsturm – Die Fundamente © Björn Lenisg

Äußerst detailliert werden die Fertigkeiten für die Charaktere beschrieben, wobei im Schnitt je Fertigkeit eine ganze Seite Text spendiert wird. Dieser Platz ist für die sehr strukturierte Darstellung hilfreich, denn neben einer kurzen Erläuterung folgen jeweils drei Beispiele für Stunts in der einzelnen Fertigkeit.

Ähnlich sieht es mit den Archetypen in Malmsturm aus. Sechs verschiedene Archetypen (Adlige, Bauern, Bestientöter, Händler, Schaukämpfer und Auserwählte) werden vorgestellt für die jeweils vier Seiten Beschreibung bereitgehalten sind. Drei Ausprägungen jeden Archetyps durch regionale Unterschiede in der Welt von Malmsturm (Norden, Waismark und Imperium) sind ausgiebig dargestellt und mit einer individuellen Illustration versehen. Bei mir erweckte dies schon recht schnell die Lust einige dieser Figuren zu adoptieren und in ein Spiel einzusteigen.

Die nächsten rund 100 Seiten befassen sich mit dem Malmsturm selbst, der Magie, Artefakten und Traditionen, die letztlich Spezialeffekte für die Charaktere bereithalten. Besonders für die Artefakte und Traditionen kommt das gleiche Schema zum Tragen, das auch bereits für die Archetypen verwendet wurde. Seitenweise Detaillierungen mit Beispielen und Anregungen. Hier wurde ich dann allerdings beim Lesen langsam abgehängt, denn das war mir für ein von-vorne-bis-hinten-Durchlesen schlichtweg zu viel Stoff. Nicht, dass man dies nun falsch versteht, die Detaillierung ist gut und die Beispiele sind wertvoll. Doch diese Abschnitte muss ich mir noch einmal zu Gemüte führen, wenn ich sie tatsächlich brauche. Allerdings werden hier neuerlich einige Charakterbeispiele geliefert, die das Angebot aus den Archetypen mit dem Schwerpunkt auf Magiekundige noch einmal deutlich und interessant erweitern.

Eine kurze Einführung in die Welt von Malmsturm ist auf weiteren rund 100 Seiten zusammengefasst. Hierbei werden die einzelnen Landstriche dargestellt mit den verschiedenen Völkern sowie einem Bestiarium, das nichtmenschliche Gegenspieler in den einzelnen Gebieten der Welt präsentiert. Diesen Abschnitt hätte ich mir als Malmsturm unkundigen vielleicht etwas früher gewünscht, denn viele der Begrifflichkeiten und Besonderheiten der Welt werden bereits früher verwendet und hinterließen Fragezeichen auf meiner Stirn. Immerhin kann man durch die Links im PDF Dokument gelegentlich an die passende Passage springen.

Riesenschlächter
Riesenschlächter aus Malmsturm – Die Fundamente © Björn Lenisg

Die Welt in Malmsturm wird durch einen großen Kontinent auf der Nordhalbkugel repräsentiert. Im hohen Norden herrscht auch hier eine polare Landschaft in der Völker Leben die an Wikinger und Germanen erinnern. Das Leben ist rau und brutal, nicht nur die Gefahren durch die die Kälte, sondern auch die dort vorherrschenden Tiere haben die Menschen abgehärtet. In der Waismark ist der Fortschritt vergleichbar mit dem europäischen Hochmittelalter. Klein- und Kleinststaaten bilden die Herrschaftsformen und erinnern ein wenig an die vielfältigen Fürstentümer zu Zeiten der frühen deutschen Kaiser. Das, so man es denn so bezeichnen will, Oberhaupt stellt die trisantische Kirche dar, die totalitär über die Lande herrscht. Der dritte Landstrich wird durch das Imperium repräsentiert. Dieses ist der Spätantike nachempfunden und entsprechend auch landschaftlich den Gegebenheiten der antiken Metropolen (Alexandria, Byzanz, vorderer Orient, etc.) nachempfunden. Auf diese Weise findet man für jedes Low Fantasy Setting auch die entsprechende geographische Lokation und “Weltreisen” können äußerst interessante Begegnungen und Erfahrungen ermöglichen.

Jede Region wird mit zahlreichen Film- oder Literaturempfehlungen beschrieben, so dass man auch gleich Inspirationsquellen erhält. Die Völker des Nordens sind jeweils mit einer Seite beschrieben, in vielen Fällen auch wieder mit einer Illustration eines typischen Vertreters. Bei der Waismark hat man sich rein auf Beschreibungen der Landschaften, für das Imperium auf eine kurze Übersicht der Städte und Siedlungen beschränkt. Detaillierter wird es dann im Quellenband “Die Welt” werden. Überschrieben ist der Bereich im Buch mit dem Titel “Eine Vorschau auf die Welt”. Letztlich kann man damit dann wenig mehr anfangen als mit einem Werbeflyer für den Weltenband. Die Völker passen nicht zu den Landstrichen und diese auch nicht zu den Städten. Da wäre es sicherlich geschickter gewesen diese nicht unerhebliche Zahl an Seiten mit der Beschreibung einer ausgewählten Region (mit ein paar Völkern, ein paar zugehörige Landstriche und zugehörigen Städten) zu füllen um mit dem Buch bereits (zumindest für diese Region) voll spielbereit zu sein. So hat man aus meiner Sicht 55 Seiten sehr unglücklich verwendet.

Das Bestiarum hingegen ist wieder recht umfangreich und in der Art, wie man es für ein Nachschlagewerk erwartet, also sortiert nach Region werden jeweils sechs Wesen vorgestellt, textuell beschrieben und in vielen Fällen auch illustriert. Dazu kommt dann noch eine große Tabelle mit den spielrelevanten Werten. Neben den physischen Wesen gesellen sich dann auch noch Wesen aus anderen Dimensionen in einem separaten Abschnitt.

Die Aufmachung

Malmsturm - Die Fundamente
Malmsturm – Die Fundamente, ein Blick ins Buch © malmsturm.de

Das kleine Format der ersten Malmsturm Ausgabe wurde beibehalten und empfinde ich als praktisch. Damit passt die Hardcover Ausgabe mit Goldschnitt und goldenem Lesebändchen auch optisch neben FateE Core im Bücherregal, das die gleichen Abmessungen hat. Das Innenleben ist nun durchgängig farbig gehalten, wobei letztlich nur die Farben schwarz, rot und gold zum Tragen kommen und alle Zeichnungen im schwarz/weiß Stil bleiben. Das Layout ist “zweispaltig”, wobei der eigentliche Text einspaltig ist und daneben eine schmale Marginalspalte mit den Überschriften, Referenzen und Anmerkungen gelegt wurde. Einzelne Textblöcke wurden durch horizontale Linien voneinander abgesetzt und die Seitenzahlen befinden sich am äußeren Rand der Längsseite in einem farbigen Kasten. Insgesamt also ein Layout mit durchdachten Elementen, das in dem mittlerweile im Rollenspielbereich üblichen zweispaltigen Einheitsbrei hervor sticht, dafür aber auch viel Papier benötigt.

Illustration aus Malmsturm - Die Fundamente
Illustration aus Malmsturm – Die Fundamente © Björn Lenisg

Aufgelockert werden die Texte durch unzählige, teilweise ganzseitige, schwarz/weiß Zeichnungen. Der Stil der Bilder erinnert an die Grafiken, wie man sie in den 80er Jahren in den Spielbüchern gefunden hat und machen vor expliziten Darstellungen keinen Halt. Bezogen auf das Low Fantasy Setting sind sie damit absolut passend und nicht selten, besonders bei den Beispielcharakteren ein echter Hingucker.

Mit dem Layout der Fate Produkte kann ich mich persönlich leider nach wie vor nicht so recht anfreunden. Die Nützlichkeit erkenne ich, das Auge mag es jedoch nicht. Bei Malmsturm wirkt es deutlich ansprechender wobei die goldfarbenen Texte auf schwarzem Hintergrund wirklich anstrengend zu lesen sind.

Neben dem Basiswerk “Die Fundamente” wird auch ein zweiter Band erscheinen, der die Welt rund um Malmsturm detaillierter beschreibt. Dies war auch bereits im Rahmen der ersten Version von Malmsturm der Fall. Die neue Auflage von Malmsturm – die Welt ist dabei eine vollständig überarbeitete Version mit zahlreichen Ergänzungen und Erweiterungen.

Fazit

Für Rollenspielneulinge oder Liebhaber der “normalen” Fantasy Settings, ist Malmsturm möglicherweise nicht das richtige System. Allerdings besteht ja die Möglichkeit zunächst einmal in die kostenfreie PDF Version zu schauen, bevor man eine Investition tätigt.

Daumenwertung 3 von 4
3 von 4
Stressbalken

Wer Fate hingegen mag und auf Sword & Sorcery steht, kommt an Malmsturm wohl kaum vorbei. Neben dem Fate Regelwerk sind hier 400 Seiten Material mit Regelanpassungen, rudimentärer Weltbeschreibung und Hintergrundwissen zu finden. Beispielabenteuer oder die Beschreibung einer kompletten, spielbaren Region fehlen im Buch hingegen. Das wäre sicherlich eine der Errungenschaften der Mainstreamabenteuer, die auch hier nicht verkehrt gewesen wäre. Dieses Mako wird vielleicht durch das ein oder andere freie Abenteuer auf der Webseite zu Malmsturm ausgeglichen werden, bzw. muss durch den Erwerb des zweiten Bandes ausgeglichen werden.

Preislich liegt das reguläre Buch bei rund 50 € (limitierte Fassung 75 €), was sicherlich auch der besonderen Aufmachung geschuldet ist. Die kostenpflichtige digitale Fassung ist dafür bereits ab 10 € erhältlich.

Zu hoffen und zu wünschen bleibt, dass es bei den beiden Bänden nicht bleibt, sondern vielleicht auch noch die ein oder andere Kampagne, bzw. Szenariosammlung passend zu den großen Sword & Sorcery Werken folgt.

Bezugsquellen

Mehr Malmsturm

Auf einige weitere Quellen rund um die neue Malmsturm Ausgabe möchte ich an dieser Stelle auch gerne hinweisen.


Transparenzhinweis: Für diese Rezension wurden mir die PDF Fassungen des Werks Malmsturm – Die Fundamente durch den Herausgeber zur Verfügung gestellt.

Preisangaben basieren auf die Angaben zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels und sind ohne Gewähr.

Die Zeichnungen stammen von Björn Lensig und wurden wie auch die Fotografie des Malmsturm Innenlebens mit freundlicher Genehmigung für diese Rezension durch die Malmsturm Redaktion zur Verfügung gestellt.

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