Faron lebt! – Ein Interview mit Christian und Florian Sußner

Vor zwei Jahren hatte ich am Rande der Manticon die Möglichkeit Christian und Florian Sußner kennen zu lernen. Die beiden standen damals kurz vor der Veröffentlichung des Spielbuchs “Das Feuer des Mondes.” Jetzt ist das Buch nicht nur schon längst erschienen, sondern auch schon in der ersten Auflage ausverkauft. Grund genug für mich noch einmal Kontakt zu den Beiden zu suchen und dabei ist mit dem ein oder anderen Augenzwinkern das folgende Interview entstanden.

Wie ist das Wetter in Waldheim und warum war das Team von Anmar nicht bei der Fußball EM dabei?

Florian: Das Wetter in Anmar ist eigentlich ganz freundlich und dem unbedarften Wanderer wohlgesonnen. Dennoch raten wir von Reisen ohne Geleit dringend ab. Offizielle Reisewarnung erteilen wir insbesondere für den Dschungel der Fei im Süden und den Kalrir im Norden von Waldheim, der Stadt an der Großen Handelsstraße. Gerade im Norden sind in den vergangenen Monaten immer wieder Menschen verschwunden. Und warum nur ist im Kalrir seit ein paar Wochen Winter?

Christian: Es gab da ein Treffen von Stadtverweser Bezilor mit dem isländischen Premierminister Jóhannsson letzten April. Es wurde vereinbart, dass nur ein Land mit magiebegabten Fantasywesen bei der EM starten soll. Es reicht, dass England rausgeflogen ist. Stell dir vor, Anmar hätte Deutschland bezwungen!

Das Feuer des Mondes: Ein Fantasy-Spielbuch
Die erste Auflage eures Spielbuchs “Das Feuer des Mondes” war pünktlich zu Weihnachten 2014 im Handel. Wie fühlt sich das anderthalb Jahre nach dem Verkaufsstart an?

Florian: Wir freuen uns unglaublich über den Erfolg den das Buch in den vergangenen Monaten hatte: 2 Goldene Stephans gewonnen, nominiert für den Amazon Entdeckt! Autorenpreis, über 20 begeisterte Rezensionen auf diversen Portalen und Blogs [natürlich auch auf Jaegers.Net, Anm. des Interviewers] – wir sind einfach geplättet von den Reaktionen! Es ist toll zu sehen, wie viele Menschen sich wieder für Spielbücher interessieren.

Auf der RPC dieses Jahr wurde das letzte Exemplar der ersten Auflage verkauft. Wer war der glückliche Kunde und war er sich seines Glücks bewusst?

Christian: Um die Wahrheit zu sagen: Ein letztes Exemplar gibt es noch. Wer als erster auf seinem Facebook Profil die Das Feuer des Mondes Facebook Seite teilt und mit “Faron lebt!” kommentiert, bekommt es geschenkt, frei Haus und inklusive Widmung natürlich!

Wenn sich das Buch so gut verkauft, kann man als Spielbuchautor davon leben?

Florian: Natürlich! Für einen sparsamen Monat würde der Jahresumsatz schon reichen. Zwar kommt zum Verdienst aus den Buchverkäufen noch der durch Lesungen, für die uns zum Beispiel Schulen buchen, aber um alleine davon zu leben reicht es nicht. Aber wir arbeiten dran, dass sich das ändert.

Das Feuer des Mondes gehört nun zu den Bestsellern im Mantikore-Verlag. Wie ist das von null auf hundert zu starten?

Christian: Anstrengend, aber schön. Wir haben ja 5 Jahre gebraucht, bis das Buch in Druck gehen konnte. Und nach der Veröffentlichung ging die Arbeit erst richtig los. Neben den rund 20 öffentlichen Lesungen gab es Lesungen in Schulen, daneben haben wir Pressemitteilungen geschrieben, Vorträge gehalten, mit Rollenspielläden telefoniert und so weiter. Das war auch richtig viel Arbeit – hat aber auch immer richtig viel Spaß gemacht!

Bild: © Valéri Ostrowski
Bild: © Valéri Ostrowski

Ende Juli diesen Jahres ist eine überarbeitete Auflage Eures Spielbuchs “Das Feuer des Mondes” angekündigt. Was wurde überarbeitet?

Florian: Wir haben ein paar Details verbessert, die den Lesefluss und das Regelverständnis erhöhen. An der einen oder anderen Stellen haben wir einen Kampf leichter oder eine Entscheidung einfacher gemacht. Eine kleine Handvoll Fehler waren auch noch aufgetaucht. Und wir haben alle Innenillustrationen überarbeiten lassen, da wir das Gefühl hatten, dass die aus der ersten Ausgabe nicht mehr ganz zum Stil des Buches passten.

Christian: Schau einfach mal selbst: Valéri Ostrowski, der in der 1. Auflage schon die Karten gestaltet hatte, hat großartige Arbeit geleistet!

Ihr seid äußerst aktiv auf Messen und präsentiert dort das Buch. Wie ist das allgemeine Feedback von Lesern?

Christian: Auf den ganzen Veranstaltungen wurden wir immer wahnsinnig nett aufgenommen. Es war toll, zu sehen, wie viele Leute das Buch bereits kannten und viel Spaß damit hatten. Dieses Jahr etwa kam auf der RPC ein Leser, der vor einem Jahr auf der RPC das Buch gekauft hatte und sich nun bedanken wollte, da es ihm so gut gefallen hatte – das war ein sehr schönes Erlebnis.

Florian: Auch Menschen, die Das Feuer des Mondes nicht kennen und auch nicht wissen, was Spielbücher sind, waren schnell sehr angetan von der Idee. Manche wunderten sich, warum sie davon noch nie etwas gehört hatten. Das bedeutet: Wir müssen allen von Spielbüchern erzählen! Jetzt! Sofort!

Ihr habt auch Lesungen an verschiedenen Orten durchgeführt, für Bücher keine ungewöhnliche Aktion, aber für ein Spielbuch? Wie läuft das ab und was sind dabei eure Erfahrungen?

Christian: Gerade ein Spielbuch eignet sich für eine interaktive Lesung. Daher haben wir bei Lesungen jede Entscheidung, jeden Würfelwurf und jedes Rätsel in die Hände der Gruppe gegeben.

Florian: Besonders in Erinnerung bleiben mir die Veranstaltungen, auf denen ich etwas mehr Zeit für eine Lesung hatte – die längste Lesung bisher hat über 3,5 Stunden gedauert, so dass wir die erste große Etappe des Abenteuers sogar erfolgreich abschließen konnten (auch wenn es wirklich knapp war!). Es ist erstaunlich, dass man ein Solo-Spielbuch auch mit einer Gruppe von 25 Leuten intensiv spielen kann und ein richtiges Gruppenerlebnis hin bekommt. Übrigens gab es bisher 2 Lesungen, auf denen es die Gruppe geschafft hat, zu sterben, einmal schon nach einer halben Stunde – allerdings mit viiiiel Pech. Denn sonst gibt es bei uns keinen so schnellen (oder ungerechten) Tod.

Habt ihr selber Spielbücher gespielt? Welches sind eure Favoriten?

Christian: Aber natürlich! Die ersten Spielbücher für uns waren die Fighting Fantasy / Abenteuer-Spielbücher von Jackson und Livingstone. Ich glaube, die allerersten waren Der Sumpf der Skorpione und Der Tempel des Schreckens. Aber natürlich haben wir auch Einsamer Wolf gespielt, und alle möglichen anderen. Die Favoriten? Puh, das ist schwer. Ich finde, dass die früheren Spielbücher nur bedingt mit den heutigen Spielbüchern vergleichbar sind, da hat sich in den 20 – 30 Jahren einfach sehr viel getan. Heutige Spielbuchautoren wie z.B. auch Swen Harder versuchen, andere Möglichkeiten zu finden und neue Elemente in das Genre einzufügen. Das Spiel- und Leseerlebnis wird nochmal komplett hinterfragt und auch bewusst viele Genre-Grenzen gebrochen. Ich habe zuletzt ein paar englische Spielbücher gelesen, die sehr viel Wert auf Sprache und Stil gelegt haben. Sehr gut hat mir etwa die Fire-Wolf-Reihe gefallen.

Florian: Naja gut, wenn ich mich entscheiden muss: Dann nehmen ich “Die Torte schlägt zurück” von Ulrich Kaiser.

Mit Rollenspielen hattet ihr bislang keine große Berührung. Hat sich das zwischenzeitlich geändert?

Florian: Naja, wir sind durch die Arbeit am Feuer des Mondes und die vielen Veranstaltungen natürlich sehr viel mit Rollenspielern zusammen und so hat sich auch die eine oder andere Runde ergeben. Ich habe zum Beispiel vor kurzem eine Runde aus der Welt von König Artus zu Ende gespielt, mit Midgard-Regeln. Das war super. Mal sehen, wie uns das bei unserem nächsten Spielbuch beeinflusst…

Das Schreiben eines Spielbuchs ist sehr zeitintensiv und aufwändig. Neben dem reinen Texten sind auch zahlreiche Spielrunden zu Testzwecken zu absolvieren. Würdet ihr das wieder machen, oder hat sich der Freundes- und Bekanntenkreis verabschiedet?

Florian: Ja, das kostet schon viel Zeit. Für die neuen Projekte haben wir natürlich nun gelernt, wer für welche Phase des Prozesses hilfreiche Testleser sind und wer hilfreiches Feedback gibt. Da sind wir nun sicherlich ein Stück weiter. Und nein, der Freundeskreis bleibt treu, und viele freuen sich auch, wenn sie einen Teil beitragen dürfen zu einem neuen Buch.

Christian: Durch das Spielbuch haben wir sogar eine Vielzahl neuer Leute kennengelernt, von denen wir heute Einige zu unseren Freunden zählen.

Welchen Weg habt ihr in den Testrunden persönlich bevorzugt? Den des Kämpfers, oder den des Magiers?

Titel Das Feuer des Mondes
Autor Christian und Florian Sußner
OriginaltitelDas Feuer des Mondes
Verlag Mantikore Verlag
Seiten 560
ISBN-10
ISBN-13
3939212636
9783939212638
Bestellen bei Amazonkommerzieller Link
Preis 14,95 €

Christian: Ach, das ist schwer zu sagen, da beide so unterschiedliche Anforderungen an den Spieler stellen. Zum Beispiel auf dem Pfad der Natur muss man ganz andere Entscheidungen treffen als in der Rolle des Berserkers. Eine große Herausforderung war hier die Balance – also alle Möglichkeiten so zu gestalten, dass sie nicht zu schwer und nicht zu leicht werden.

5 Jahre haben die Arbeiten an dem Spielbuch also gedauert. Gab es Zeiten, in denen ihr das Projekt lieber in “das Feuer des Mondes” geworfen hättet?

Florian: Hier war es immens hilfreich, einen Zwillingsbruder zu haben, der weitermachte, wenn man selbst gerade nicht wollte. Und dann war man sofort wieder in der Pflicht und somit auch schnell wieder “drin” und mit Spaß dabei. Daher ein Tipp an alle angehenden Spielbuchautoren: Sucht Euch einen Zwillingsbruder!

Wenn nun jemand auch auf die Idee kommen sollte ein spannendes Spielbuch zu erstellen, was gebt ihr ihm mit auf den Weg?

Christian: Was wir gemerkt haben, auch im Vergleich mit dem einen oder anderen Spielbuch, ist folgendes: Kein Spielbuch ist gleich. Jedes hat eine eigene Welt, eine eigene Herangehensweise und eigene Regeln. Als Autor sollte man sich entscheiden: Geht es eher um das Spielerlebnis oder um das Leseerlebnis? Diese Entscheidung wirkt sich auf ganz vieles aus: Sind die Rätsel in die Story eingebettet, oder gibt es Rätsel um der Rätsel willen? Gibt es zahlreiche Stellen, die in Verbindung zur Hauptstory stehen, oder will ich lieber ein freieres Abenteuer, in dem ich auch mal vom Weg abgehen kann und der armen Familie helfen kann? Haben meine Handlungen eine Konsequenz für später, oder eher nicht?

Florian: Und sonst ist wirklich wichtig: So viele Meinungen einholen wie möglich, und bei jeder einzelnen genau drüber nachdenken: Was ist an der Kritik berechtigt, und was nicht?

“Das Feuer des Mondes” war Euer erstes Spielbuch, dessen Idee an einem “langweiligen” Weihnachtstag entstand. Seither sind wieder einige Weihnachtsfeste vergangen, woran arbeitet das Sußner Dream-Team aktuell?

Christian: Wir arbeiten gerade an einem Spielbuch, das ganz andere Wege geht als Das Feuer des Mondes. Wir haben uns für das neue Projekt von der intensiven Rollenentwicklung verabschiedet und mehr Fokus auf den Weg gelegt, den der Held nehmen kann. Wir wollen noch mehr Folgen aus den eigenen Entscheidungen einbauen, dafür verzichten wir auf fast alle Werte wie Geschicklichkeit oder ähnliches.

Florian: Auch die Welt wird eine andere sein. Wir sind nun nicht mehr im Mittelalter, sondern in einer modernen, schmutzigen Welt voller Geheimnisse, Gier und Gewalt.

Wie weit seid ihr denn schon mit dem neuen Spielbuch? Wann ist eine Veröffentlichung geplant? Gibt es vielleicht sogar schon einen Titel?

Christian: Dieses Jahr wird das nichts mehr, aber wir hoffen, dass wir es 2017 zur RPC oder spätestens zur Spiel in Essen vorstellen können. Wir sind derzeit mit der Design-Phase durch und haben etwa 50 Abschnitte geschrieben.

Florian: Ich denke, dass wir das Manuskript zum Jahresende abschließen können und dann in die Testphase gehen. Überarbeiten hat bei uns ja auch einen hohen Stellenwert. Der Arbeitstitel lautet “Quick and Dirty”, der finale Titel steht eigentlich auch schon, wird aber noch nicht verraten.

Dass ihr auch in Schulen Lesungen gemacht habt, wusste ich gar nicht. Ich finde, das ist eine tolle Sache! Vielleicht kann man so nicht nur Kinder zum Spielbuch zurückführen, sondern vielleicht auch generell zum Buch.

Florian: Unsere Hoffnung ist ja, dass Spielbücher auch außerhalb der Rollenspielergruppe erfolgreich sind. Wir sehen unsere Zielgruppe zusätzlich zum Beispiel im Bereich “lesebegeisterte Jugendliche”. Daher auch das Bemühen, ein neues Buch mit einem absoluten Minimum an Regeln zu machen.

Seid ihr dieses Jahr auch wieder auf der MantiCon? [Ich bin dieses Jahr ja leider anderweitig unterwegs.]

Christian: Klar, und wahrscheinlich geben wir dort schon mal einen Einblick un unser neues Projekt.

Die spannende Frage, die alle Leser und Spieler von “Das Feuer des Mondes” stellen: Wann kommt die Fortsetzung?

Florian: Sobald wir auf der Spiegel Bestseller-Liste stehen, machen wir uns an die Arbeit, versprochen!

Christian, Florian, vielen Dank für das Interview!

Christian: Wir danken!

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