Würfelwahrscheinlichkeiten bei Infected!

Infected! ist ein Rollenspielsystem aus Australien, das ich 2015 via Kickstarter mitfinanziert hatte. Das Setting bedient eine Welt, die sich rund fünf Jahre nach dem Ausbruch einer Seuche befindet, die den größten Teil der Menschheit ausgerottet oder in Zombies verwandelt hat. “Dieser Tage” hatte ich dann auch endlich die Zeit gefunden um mir das Regelwerk einmal genauer anzusehen, ein paar Runden zu leiten und sogleich Interesse daran gefunden mal wieder ein wenig zu rechnen. Infected! kommt mit einigen Regelvarianten daher, die ich einmal aus dem Blickwinkel der Wahrscheinlichkeitsrechnung näher betrachten möchte.

Die Regeln

Probenwürfe bei Infected! erfolgen mit zehnseitigen Würfeln, wobei in der Regel ein Wurf auf ein Attribut und ein weiterer Wurf auf eine Fertigkeit zu absolvieren sind. Die beiden Würfe werden separat gewertet und mit dem Attributs-, bzw. Fertigkeitswert verrechnet (Summe). Werte oberhalb der Summe 10 gelten als Erfolg. Den Grad des Erfolgs bemisst man durch die Höhe der Einzelergebnisse oberhalb von 10.

Beispiel: Der Held versucht eine kleine Mauer zu überwinden. Hierzu wird das Attribut Geschick und die Fertigkeit Athletik benötigt. Der Held hat bei Geschick einen Attributswert von 6 und in Athletik einen Fertigkeitswert von 4. Der Wurf mit dem zehnseitigen Würfel für Geschick ergibt ein Resultat von 7, der Wurf für Athletik eine 5. Hieraus resultiert für Geschick ein Ergebnis von 6+7=13, also ein Erfolg mit 3 Punkten über 10 und damit 3 Erfolgen, für Athletik 4+5=9 kein Erfolg. Insgesamt ist die Probe jedoch mit 3 Erfolgen gelungen.

Attribute können Werte von 1 bis 10, Fertigkeiten von 0 bis 10 haben.

Erzielt man mit einem Würfelwurf eine 10, erhält der Spieler einen Erfolg zusätzlich, würfelt er eine 1 ist der Wurf in jedem Fall ohne Erfolg, als potenzieller Patzer anzusehen und die Gesamtzahl der Erfolge wird um 1 reduziert.

Beispiel: Ein anderer Held versucht ebenfalls die kleine Mauer zu überwinden. Sein Attributswert für Geschick beträgt 7, die Fertigkeit Athletik nur 3. Die Würfelergebnisse lauten 1 und 10. Dadurch ist die Geschicklichkeitsprobe nicht nur gescheitert (Summe kleiner 10), sondern durch die geworfene 1 auch ein potenzieller Patzer, der dem Helden einen Erfolgspunkt kostet. Dafür ist die Probe auf Athletik jedoch äußerst gut gelungen (Würfelwurf 10), was einen Bonuserfolg mit sich bringt. Punktabzug und Bonus heben sich in diesem Fall auf und aus dem zweiten Wurf (10+3=13) ergeben sich immerhin 3 Erfolge.

Erfolgswahrscheinlichkeiten

Welche Erfolgsaussichten hat der Spieler nun bei einer Probe?

Hierzu betrachte ich zunächst den Würfelwurf selber, denn dieser hat 10 Mögliche Ergebnisse, die sich in drei Kategorien unterscheiden:

  1. Würfelergebnis: 1, Resultat: kein Erfolg, sowie ein Erfolgsabzug
  2. Würfelergebnis: 2-9, Resultat: entsprechend dem Würfelergebnis
  3. Würfelergebnis: 10, Resultat: 10, sowie ein Bonuserfolg

Die Wahrscheinlichkeit mit dem Wurf zu scheitern liegt bei 10% (\frac{1}{10}), die gleiche Wahrscheinlichkeit liegt für den Bonuserfolg vor. Ansonsten haben wir einen Erwartungswert von 5,5 (\frac{1+10}{2}) hinsichtlich des Würfelergebnisses und die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges hängt vom Attributs-, bzw. Fertigkeitswert ab. Beträgt der Attributs-, bzw. Fertigkeitswert 6 oder mehr, ist im Mittel (Erwartungswert) von einer erfolgreichen Probe auszugehen.

Attributs-, bzw. Fertigkeitswert Wahrscheinlichkeit für Erfolg Erwartungswert für Erfolge
0  10% 0,0
1  10%, dann allerdings sogar mit 2 Erfolgen 0,1
2  20% 0,3
3  30% 0,6
4  40% 1,0
5  50% 1,5
6  60% 2,1
7  70% 2,8
8  80% 3,6
9  90% 4,5
10  90% 5,4

Durch den Bonus-Erfolg bei einer erwürfelten 10 ist der Erwartungswert bereits früher bei 1, also dies die Erfolgswahrscheinlichkeit vermittelt. Die Wahrscheinlichkeit für einen potenziellen Patzer liegt konstant bei 10%.

Doch diese Tabelle stellt nur die Werte für einen Wurf dar. Bei Infected! müssen im Normalfall jedoch mindestens zwei Einzelproben erfolgen, so dass die Werte dieser Tabelle nun in eine Matrix (wegen der unterschiedlichen Werte bei dem beteiligten Attribut und der Fertigkeit) transformiert werden müssen.

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
0 19%
0,0
19%
0,1
28%
0,3
37%
0,6
46%
1,0
55%
1,5
64%
2,1
73%
2,8
82%
3,6
91%
4,5
91%
5,4
1 19%
0,1
19%
0,2
28%
0,4
37%
0,7
46%
1,1
55%
1,6
64%
2,2
73%
2,9
82%
3,7
91%
4,6
91%
5,5
2 28%
0,3
28%
0,4
36%
0,6
44%
0,9
52%
1,3
60%
1,8
68%
2,4
76%
3,1
84%
3,9
92%
4,8
92%
5,7
3 37%
0,6
37%
0,7
44%
0,9
51%
1,2
58%
1,6
65%
2,1
72%
2,7
79%
3,4
86%
4,2
93%
5,1
93%
6,0
4 46%
1,0
46%
1,1
52%
1,3
58%
1,6
64%
2,0
70%
2,5
76%
3,1
82%
3,8
88%
4,6
94%
5,5
94%
6,4
5 55%
1,5
55%
1,6
60%
1,8
65%
2,1
70%
2,5
75%
3,0
80%
3,6
85%
4,3
90%
5,1
95%
6,0
95%
6,9
6 64%
2,1
64%
2,2
68%
2,4
72%
2,7
76%
3,1
80%
3,6
84%
4,2
88%
4,9
92%
5,7
96%
6,6
96%
7,5
7 73%
2,8
73%
2,9
76%
3,6
79%
3,4
82%
3,8
85%
4,3
88%
4,9
91%
5,6
94%
6,4
97%
7,3
97%
8,2
8 82%
3,6
82%
3,7
84%
3,9
86%
4,2
88%
4,6
90%
5,1
92%
5,7
94%
6,4
96%
7,2
98%
8,1
98%
9,0
9 91%
4,5
91%
4,6
92%
4,8
93%
5,1
94%
5,5
95%
6,0
96%
6,6
97%
7,3
98%
8,1
99%
9,0
99%
9,9
10 91%
5,4
91%
5,5
92%
5,7
93%
6,0
94%
6,4
95%
6,9
96%
7,5
97%
8,2
98%
9,0
99%
9,9
99%
10,8

Die Zeilen- und Spaltenköpfe geben die Attributs-, bzw. Fertigkeitswerte für die Probe an. Der erste Wert in den Ergebniszellen gibt die Wahrscheinlichkeit an mindestens einen Erfolg zu erzielen, der zweite Wert steht für die zu erwartende Anzahl Erfolge (Erwartungswert). Als Schlussfolgerung lässt sich hieraus ziehen: Hat man einen Attributs- oder Fertigkeitswert bei 5 oder die Summe beider Werte ergibt mindestens 6, so ist die grundsätzliche Erfolgsaussicht der Probe positiv (größer 50%).

Dies hat einen relevanten Effekt, der bei der Charaktererschaffung berücksichtigt werden kann. Sind 10 Punkte zu verteilen, so ist es sinnvoller das Attribut mit 6 und die Fertigkeit mit 4 Punkten zu versehen als beide mit 5 Punkten auszustatten. Dies erhöht immerhin die Erfolgschance um 1% und ebenso den Erwartungswert um 0,1.

Deutlicher wird es bei potenziellen Steigerungen. Macht es Sinn einen niedrigeren Wert anzuheben oder einen höheren Wert weiter zu steigern? Auch hier ein Blick auf das Beispiel der Werte 4 und 6 (76%/3,1). Steigert man den ersten Wert (4) auf 5 resultiert dies in 80%/3,6, steigert man hingegen den zweiten Wert (6) auf 7 führt dies zu 82%/3,8. Es lohnt sich also rechnerisch mehr einen bereits hohen Wert weiter zu steigern, als einen niedrigen zu erhöhen.

Eine Besonderheit: Eine Steigerung von 9 auf 10 erhöht die Erfolgschance nicht, wohl allerdings den Erwartungswert.

Insgesamt kann – wenig überraschend – darüber hinaus basierend auf den Spielregeln die Steigerung der Attribute empfohlen werden, da diese deutlich häufiger für Proben erforderlich werden.

Einen kritischen Patzer (Epic Bungle), für den beide Würfel eine 1 zeigen müssen hat man durchgängig in 1% der Fälle.

Modifiziert werden diese Resultate allerdings noch durch die Schwellwerte, die durch den Schwierigkeitsgrad, also die Anzahl der mindestens benötigten Erfolge, sowie durch eventuelle Boni noch gegeben werden. Hierzu lohnt sich dann durchaus ein genauerer Blick auf die jeweiligen Erwartungswerte.

Die absolute Anzahl der Erfolge ist bei Infected! entscheidend über den Grad des Erfolgs, bzw. im Konfliktfall auch wichtig um möglichst viele Trefferpunkte zu platzieren.

 Erfolge Grad des Erfolgs Wahrscheinlichkeitsaussagen
0 (und zwei geworfene Einsen) Epischer Fehlschlag, Katastrophe 1%
0 (und eine geworfene eins) Fehlschlag mit Komplikation 4,8%
0 Fehlschlag wahrscheinlich (>50%) bei Attributs- und Fertigkeitswerten unter 3
1-4 passabler Erfolg bereits wahrscheinlich (>50%) ab Attributs- und Fertigkeitswert 0/4 und 3/3
5-9 guter Erfolg erst wahrscheinlich (>50%), wenn Attributs- und Fertigkeitswert 0/10, 3/9, 5/8 oder 7/7 beträgt
10-14 großer Erfolg erst wahrscheinlich (>50%), wenn Attributs- und Fertigkeitswert jeweils 10
15-19 unglaublicher Erfolg ca. 16% bei Attributs- und Fertigkeitswerten größer als 6.
20 und mehr Perfektion 1%

Weitere Regeln

Eine weitere Regel sieht eine Strafe vor, wenn man in einer Runde mehrere Aktionen durchführen möchte. Hierbei wird ein Malus in der Höhe der Zahl der vorgesehenen Aktionen auf die erste Probe auferlegt. Jede weitere Aktion erhält einen zusätzlichen Malus von 1 auf die zugehörige Probe. Bei drei Aktionen in der Runde erhält die erste Aktion somit einen Malus von 3, die zweite einen Malus von 4 und die dritte Aktion einen Malus von 5. Der Charakter muss schon sehr verzweifelt sein um dies zu wagen oder über entsprechend hohe Attributs- und Fertigkeitswerte verfügen, denn effektiv reduziert dies den Erwartungswert um den Malus. Die Anforderungen an den Wurf, bzw. die Attributswerte erhöhen sich hierdurch um vier bis sechs Werte nach oben, für einen Malus von 2. Entsprechend höher werden die Anforderungen bei einer größeren Strafe.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Frostgeneral

    danke für die Tabelle.
    grade bei einem neuen System sind solche Werte für den Spielleiter Gold wert, damit sie wissen, wieviel man zumuten darf :D

    1. Michael L. Jaegers

      Danke, freut mich, wenn es nützt.

      Bei unserem Spiel gestern Abend, also die kommende Infected! Podcast Folge, waren (wird man hören) die Spielercharaktere sehr mächtig. Infected! braucht stärkere NSCs, besonders leistungsfähigere Zombies…

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