Mit Wahrscheinlichkeit rechnen lernen
Wie berechnet man nun die Wahrscheinlichkeiten? Hierzu schaffen wir eine neue Begrifflichkeit, nämlich die des Gewinnereignisses. Ein Gewinnereignis ist jenes, welches erwünscht wird, bzw. zu den zu berechnenden gehören soll. Ein Beispiel: Gilt es die Wahrscheinlichkeit zu berechnen, mit der man eine Zahl größer oder gleich fünf mit einem W6 würfelt, so sind sowohl eine gewürfelte fünf als auch eine sechs jeweils ein Gewinnereignis.
Die nächsten zwei Begriffe sind die simplen Wörter UND und ODER. Damit formuliert man nun den beschreibenden Satz, der alle Gewinnereignisse beinhaltet: Gewonnen hat man, wenn man eine fünf ODER eine sechs würfelt.
Nun benötigt man nur noch die Wahrscheinlichkeit für das einzelne Ereignis (in dem Beispiel jeweils 0,167, bzw. 16,7%, bzw. . Die Wahrscheinlichkeitswerte für gängige Würfel sind oben in der Tabelle angegeben. Bei einem UND müssen die Wahrscheinlichkeiten multipliziert, bei einem ODER addiert werden. Für das Beispiel bedeutet dies also . (Ich empfehle das Rechnen mit den “Bruchzahlen”, oder den Dezimalzahlen (“Kommazahlen”), nicht jedoch mit den Prozentwerten.) Die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen (eine fünf oder sechs zu würfeln) beträgt also .
Etwas komplizierter wird es, wenn mehrere Ereignisse miteinander verkettet werden. Beispiel: Beide Würfel müssen die gleiche Zahl anzeigen (Pasch). In beschriebenen Worten bedeutet dies: Der erste Würfel zeigt eine eins UND der zweite ebenso, ODER der erste Würfel zeigt eine zwei UND der zweite ebenso… In unsere Rechnung verwandelt ergibt sich damit bei einem W10
Zugegeben, dies kann beliebig kompliziert werden. Zur besseren Übersicht bieten sich auch Baumdiagramme an.
Zahlenmodifikatoren
Den Nebeneffekt des verschobenen Minimalwerts kann man durch Subtraktion einer konstanten Zahl wieder ausgleichen. Möchte man die Werte bei 1 beginnen lassen, so zieht man von dem gewürfelten Ergebnis die Zahl der Würfel-1 wieder ab. Beispiel: 3W6-2 oder 5W10-4. Hierdurch beginnen die Werte in jedem Fall bei 1, allerdings ist dann auch das Maximum entsprechend reduziert.
Ebenso kann die Glockenkurve durch Addition eines konstanten Wertes auch weiter nach rechts verschoben werden, also erst bei höheren Werten beginnen. Beispiel: 3W6+10 beginnt erst bei 13.
Möchte man nur gerade Zahlen erzeugen, so muss das Würfelergebnis mit zwei multipliziert werden, also zum Beispiel 2W6*2 (liefert gerade Zahlen von 4 bis 24). Zugegeben, dieser Fall tritt bei Rollenspielen eher selten auf. Eine Multiplikation kommt gelegentlich vor um die Werte deutlich (drastisch) zu erhöhen, wird zugunsten der kopfrechenschwachen Spieler aber oft vermieden.
Einen anderen interessanten Effekt erzielt man durch die Kombination unteschiedlicher Würfel. Die Gaußkurve wird dabei oben abgeflacht, bzw. gestreckt. Ein deutlich größerer Bereich an Würfelergenissen erhält damit eine gleichgroße Wahrscheinlichkeit. Die Folgende Grafik zeigt dies am Beispiel eines W4 dessen Ergebnis mit dem Ergebnis von W4, W6, W8, W10, W12 und W20 ergänzt wurde.
Im nächsten Teil betrachten wir einige gängige Rollenspielsysteme und ihr Umgang mit der Wahrscheinlichkeit.
Hinweis:
Natürlich handelt es sich bei den Grafiken auf dieser Seite um in dem Sinne falsche Darstellungen, als dass die Zahl der Würfel diskret (ganzzahlig) ist. Kurven zu verwenden ist daher mathematisch gesehen nicht zulässig (es gibt keine 3,5 Würfel) und Säulendiagramme wären die korrekte Wahl. Allerdings ist das menschliche Auge Linien wohl mehr zugetan als Säulen, weswegen ich diese Form der Darstellung gewählt habe.
Sehr interessanter und informativer Artikel. Mit den ganzen tollen Grafiken kann man echt schnell die Würfel-Wahrscheinlichkeiten herausfinden. Finde ich klasse.
Viele Grüße
Dustin
Hallo Meister Jaegers, mal eine Frage zum Thema Wahrscheinlichkeit. Ich spiele derzeit ein RPG in dem ein Vorteil bedeutet, dass man 3W6 würfelt und den schlechtesten weg lässt. Wie verschiebt sich da der Schnitt, der ja bei 2W6 bwi 2×3,5 liegt? Ist das bestimmbar?
Hallo Jörn,
das zu berechnen ist möglich, aber etwas sperrig und mir für die aktuelle Uhrzeit und Temperatur zu viel. Daher habe ich den RollButler bemüht und 100.000 Würfelwürfe diesbezüglich durchführen lassen.
Das Ergebnis, also die Augensummen bei drei sechsseitigen Würfeln, bei denen der niedrigste Wurf ignoriert wird, verteilt sich wie folgt:
2: 0,5% (2,8%)
3: 1,4% (5,6%)
4: 3,2% (8,3%)
5: 5,6% (11,1%)
6: 8,8% (13,9%)
7: 12,6% (16,6%)
8: 15,8% (13,8%)
9: 16,7% (11,1%)
10: 15,8% (8,3%)
11: 12,6% (5,5%)
12: 7,2% (2,8%)
(In Klammern sind zum Vergleich die Werte für 2W6 aus einer Simulation von 1,2 Mio Würfen angegeben.)
Hieraus ergibt sich ein Erwartungswert von 8,467.
Die Spitze hat sich also um zwei Werte nach rechts (von 7 nach 9) verlagert, wobei der Abstand zu den benachbarten Werten (8 und 10, jeweils ca. 1%) nicht so hoch ist, wie bei der 2W6 Glocke (ca. 2,7%).
Schönen Gruß,
Michael
P. S.: Die passende Würfelinstruktion für den @RollButler lautet /r 3WH2
Dankeschön
Wie sieht es für 3 sechseitige Würfel aus?
Die Frage ist etwas unkonkret. Was meinst Du? Die Wahrscheinlichkeitsverteilung bei 3W6? Oder 4W6, wobei der schlechteste Würfel weggelassen wird? In dem Fall lautet die Instruktion für den RollButler /r 4W6H3 und lieferte nach 700.000 Durchgängen die folgenden Ergebnisse (http://rollbutler.net/?verify=199109):
3: 0.1%
4: 0.3%
5: 0.8%
6: 1.6%
7: 2.9%
8: 4.8%
9: 7%
10: 9.4%
11: 11.4%
12: 12.9%
13: 13.2%
14: 12.4%
15: 10.1%
16: 7.3%
17: 4.2%
18: 1.6%
Bei einfach nur 3W6 verweise ich auf die zweite Seite dieses Beitrags auf der in den Grafiken die Verteilung für ein bis vier sechsseitige Würfel eingegangen wird.
Vielen Dank für den Hinweis auf den RollButler! Das ist ja ein ganz hervorragendes Tool.
Ich habe allerdings noch nicht herausgefunden, wie man eine Simulation/Teststrecke von sehr vielen Würfen durchführt, wie du das gemacht hast. Kannst du mir helfen?
Vielen Dank und schönen Gruß
Markus
Hallo Markus,
das ist eigentlich nicht weiter schwer … Anstelle des /r Kommandos (roll) verwendet man /t (test) und die dann folgenden Parameter sind identisch. Je nach Komplexität der Anweisung dauert es dann allerdings etwas, bis der RollButler mit dem Resultat um die Ecke kommt.
Hier ist die Dokumentation zur Simulation im @RollButler.
Schönen Gruß,
Michael
Klasse, Dankeschön!