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Mathematik für Rollenspieler

Gauß für Rollenspieler

Bis hierhin sind Würfelergebnisse recht langweilig und geradlinig. Spannend wird es erst, wenn durch den Einsatz mehrerer Würfel die Ergebnisse in ihrer Häufigkeit verändert werden.

Die Welt in der wir leben ist nicht so gleichverteilt, wie es ein Würfel uns anbietet. Der Mathematiker Carl Friedrich Gauß hatte dies schon recht früh erkannt und eine Häufung von Stichproben um einen Mittelwert herum festgestellt. Faktisch bedeutet dies, dass Werte, die näher an dem Durchschnitt liegen häufiger auftreten, als Werte, die sich erheblich von der Mitte unterscheiden. Stellt man dies graphisch dar, so ähnelt die Verteilung einer Glocke, weshalb man auch von einer Gaußschen Glockenkurve spricht.

Betrachtet man dies einmal bei verschiedenen Anzahlen von W6 Würfeln, so sieht dies wie folgt aus:

© Michael Jaegers / Jaegers.Net

Noch deutlicher wird es, wenn noch ein weiterer Würfel hinzugenommen wird:

© Michael Jaegers / Jaegers.Net

Es ergeben sich daraus verschiedene Erkenntnisse:

  1. Der kleinstmögliche Wert, der erwürfelt werden kann, nimmt mit jedem zusätzlichen Würfel um eins zu und entspricht damit der Anzahl der verwendeten Würfel. Bei 3W6 ist es 3, bei 4W10 ist es 4.
  2. Der größtmögliche Wert, der erwürfelt werden kann, nimmt mit jedem zusätzlichen Würfel um die Zahl der Seiten zu. Der Zahlenraum nimmt dabei linear zu und der Maximalwert kann aus der Anzahl der Würfel multipliziert mit der Seitenzahl der Würfel errechnet werden. Bei 3W6 ist es 3\cdot6 = 18, bei 4W10 ist es 40.
  3. Der Maximal- und Minimalwert tritt in der Häufigkeitsverteilung jeweils einmal auf und hat damit die geringste Wahrscheinlichkeit. (Ausnahme bei einem Würfel, hier sind alle Ergebnisse gleich Wahrscheinlich.)
  4. Die größte Wahrscheinlichkeit hat der Wert in der Mitte der möglichen Zahlen. Der Wert errechnet sich aus (Maximalwert + Minimalwert)/2. Ist das Ergebnis keine ganze Zahl, sondern eine “Kommazahl”, so haben der nächstkleinere und nächstgrößere Wert jeweils eine gleich hohe Wahrscheinlichkeit. Beispiele: 2W6 Maximum 12, Minimum 2, Mittelwert \frac{12+2}{2} = 7; 3W6 Maximum 18, Minimum 3, Mittelwert \frac{18+3}{2} = 10.5 also 10 und 11.

Je deutlicher man die Glockenkurve ausprägen möchte, also je mehr Werte um den Mittelwert herum erwürfelt werden sollen, desto mehr Würfel müssen eingesetzt werden.

Aus diesem Grund wird bei Charaktererschaffungen gerne auf diesen Mechanismus zurückgegriffen, denn die Charaktere sollen möglichst der “Norm” entsprechen und nur in Ausnahmefällen deutlich davon abweichen. In der Natur unserer realen Welt verhält es sich ebenso. Die Köpergröße der meisten Menschen pendelt um den Mittelwert. Riesen und Kleinwüchsige sind eher selten.

© Michael Jaegers / Jaegers.Net

Dieser Beitrag hat 9 Kommentare

  1. Dustin

    Sehr interessanter und informativer Artikel. Mit den ganzen tollen Grafiken kann man echt schnell die Würfel-Wahrscheinlichkeiten herausfinden. Finde ich klasse.

    Viele Grüße

    Dustin

  2. Jörn Burkart

    Hallo Meister Jaegers, mal eine Frage zum Thema Wahrscheinlichkeit. Ich spiele derzeit ein RPG in dem ein Vorteil bedeutet, dass man 3W6 würfelt und den schlechtesten weg lässt. Wie verschiebt sich da der Schnitt, der ja bei 2W6 bwi 2×3,5 liegt? Ist das bestimmbar?

    1. Michael L. Jaegers

      Hallo Jörn,

      das zu berechnen ist möglich, aber etwas sperrig und mir für die aktuelle Uhrzeit und Temperatur zu viel. Daher habe ich den RollButler bemüht und 100.000 Würfelwürfe diesbezüglich durchführen lassen.

      Das Ergebnis, also die Augensummen bei drei sechsseitigen Würfeln, bei denen der niedrigste Wurf ignoriert wird, verteilt sich wie folgt:

      2: 0,5% (2,8%)
      3: 1,4% (5,6%)
      4: 3,2% (8,3%)
      5: 5,6% (11,1%)
      6: 8,8% (13,9%)
      7: 12,6% (16,6%)
      8: 15,8% (13,8%)
      9: 16,7% (11,1%)
      10: 15,8% (8,3%)
      11: 12,6% (5,5%)
      12: 7,2% (2,8%)

      (In Klammern sind zum Vergleich die Werte für 2W6 aus einer Simulation von 1,2 Mio Würfen angegeben.)

      Hieraus ergibt sich ein Erwartungswert von 8,467.

      Die Spitze hat sich also um zwei Werte nach rechts (von 7 nach 9) verlagert, wobei der Abstand zu den benachbarten Werten (8 und 10, jeweils ca. 1%) nicht so hoch ist, wie bei der 2W6 Glocke (ca. 2,7%).

      Schönen Gruß,

      Michael

      P. S.: Die passende Würfelinstruktion für den @RollButler lautet /r 3WH2

      1. Jörn Burkart

        Dankeschön

        1. Zasi

          Wie sieht es für 3 sechseitige Würfel aus?

          1. Michael L. Jaegers

            Die Frage ist etwas unkonkret. Was meinst Du? Die Wahrscheinlichkeitsverteilung bei 3W6? Oder 4W6, wobei der schlechteste Würfel weggelassen wird? In dem Fall lautet die Instruktion für den RollButler /r 4W6H3 und lieferte nach 700.000 Durchgängen die folgenden Ergebnisse (http://rollbutler.net/?verify=199109):

            3: 0.1%
            4: 0.3%
            5: 0.8%
            6: 1.6%
            7: 2.9%
            8: 4.8%
            9: 7%
            10: 9.4%
            11: 11.4%
            12: 12.9%
            13: 13.2%
            14: 12.4%
            15: 10.1%
            16: 7.3%
            17: 4.2%
            18: 1.6%

            Bei einfach nur 3W6 verweise ich auf die zweite Seite dieses Beitrags auf der in den Grafiken die Verteilung für ein bis vier sechsseitige Würfel eingegangen wird.

      2. Markus

        Vielen Dank für den Hinweis auf den RollButler! Das ist ja ein ganz hervorragendes Tool.

        Ich habe allerdings noch nicht herausgefunden, wie man eine Simulation/Teststrecke von sehr vielen Würfen durchführt, wie du das gemacht hast. Kannst du mir helfen?

        Vielen Dank und schönen Gruß
        Markus

        1. Hallo Markus,

          das ist eigentlich nicht weiter schwer … Anstelle des /r Kommandos (roll) verwendet man /t (test) und die dann folgenden Parameter sind identisch. Je nach Komplexität der Anweisung dauert es dann allerdings etwas, bis der RollButler mit dem Resultat um die Ecke kommt.

          Hier ist die Dokumentation zur Simulation im @RollButler.

          Schönen Gruß,

          Michael

          1. Markus

            Klasse, Dankeschön!

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