Für die Vorbereitung der aktuellen Cthulhu Kampagne, die Ende der 1920er Jahre spielen soll, war ich auf der Suche nach geeignetem Hintergrundmaterial. Der passende Quellenband Cthulhu Gangster von Pegasus ist in der Spielleiterversion, aber auch in der Spielerfassung bereits äußerst hilfreich. Einige Aspekte aus der Welt der Gangster und Mafia bleiben allerdings nur oberflächlich behandelt. Ein paar Ergebnisse meiner Recherchen habe ich auf dieser Seite zusammengetragen.
Die goldenen Jahre sind (nicht nur in Amerika) vorüber, Arbeitslosigkeit, Spekulationen, Bankenpleiten und eine Regierung der alten Schule, die Probleme lieber aussitzt und als reinigende Kraft ansieht, anstatt aktiv einzugreifen und zu handeln prägen die Zeiten in denen die Mafia ihre Nische findet und ausfüllt. Vor allem italienische Einwanderer sind es, die ihre Strukturen und Ansichten mit in die neue Welt bringen und dort professionalisieren. Das Chicago Outfit ist nur eine der Organisationen, die den Menschen nun das geben, was sie haben wollen: den Alkohol. Doch auch wenn der Schmuggel und Verkauf der verbotenen Alkoholika das einträglichste Gewerbe darstellen, kümmern sich die Gangster auch um das klassische Geschäft: Schutzgeld, Prositution, Glücksspiel, etc. Dass dabei auch Neider aufkommen und das Revier streitig machen, ist nichts ungewöhnliches und schon bald pflastern Leichen die Straßen.
Cthulhu Gangster Bücher
Die 2016 erschienenen Quellenbände Gangster für das Rollenspiel Cthulhu liefern einen Überblick über die späten 20er und beginnenden 30er Jahre des letzten Jahrhunderts. Neben der gesamtpolitischen Lage in den Vereinigten Staaten gehen die Autoren hier natürlich auf die Hauptstadt des Verbrechens, Chicago ein. Doch leider bleibt man hier recht oberflächlich und spart spielrelevante Inhalte aus.
Wie die Mafia aufgebaut ist und funktioniert wird in Cthulhu Gangster gut beschrieben. Die unrühmlichen Promis der Szene sind im Buch gut verstreut und knapp dargestellt: Al Capone, Louis Piquett, George Moran, Dutch Schulz, Ma Barker, Bonnie Parker und Clyde, etc. Tabellen mit Daten finden sich verstreut wieder, die eine grobe zeitliche Abfolge der Ereignisse in den Zwanzigern und Dreißgern darstellen. Ein roter Faden fehlt jedoch gelegentlich.
Der historische Abriss über Chicago ist sehr interessant, wenngleich die spielrelevanten Details auch hier wieder in vielen Fällen ausbleiben. Für Spieler möglicherweise bedeutende Orte (Krankenhäuser, Banken, Gerichtsmedizin, Theater, Oper, etc.) werden nicht gelistet. Schade, da sich die mitgelieferten Abenteuer primär auf Chicago beziehen, hätte ich mir deutlich mehr über die Stadt Chicago in den 1920er Jahren gewünscht. Es müsste ja nicht gleich so viel sein, wie in den Bänden zu den fiktiven Städten Arkham oder Innsmouth, doch so erscheint die Erwähnung der beiden Gefängnisse und der drei nur vage angedeuteten Polizeiwachen sehr alibihaft. Gut, der Quellenband heißt nicht Chicago, sondern Gangster, aber…
Die Hintergrundinformationen über die Gangster im cthulhoiden Spiel sind hingegen wieder gut gelungen. Es sind nur wenige optionale Regelanpassungen zu finden, jedoch zahlreiche Ideen für Hintergründe (Warum Gangster geworden?), Broterwerb (Was macht der Gangster den lieben langen Tag?) und ein paar fiktive Orte mit detaillierter Beschreibung und zahlreichen Anregungen für Abenteuer.
Handfester wird der Band für den Spielleiter letztlich wieder mit einigen Abenteuern im Gangster Millieu, ja sogar der Rahmen für eine ganze Kampagne ist enthalten.
Der separat erhältliche Band für die Spieler (das Investigatorenhandbuch) umfasst auf seinen netto 60 Seiten große Teile des Hintergrundmaterials wie z.B. die Hintergrundmaterialien zur Charaktererschaffung. Auch die politischen und historischen Hintergründe sowie Informationen zu den Gangstern der Zeit von 1929 bis 1935 wurden 1:1 in das Buch übernommen.
Filme
Zur rechten Einstimmung helfen auch immer wieder ein paar Produktionen aus Hollywood. Denkt man an die Gangsterzeit, fällt mir natürlich immer wieder der sehr gelungene Film The Untouchables/Die Unbestechlichen von 1987 ein, in dem aus der Perspektive von Eliott Ness und seinem Team die Jagd auf Al Capone dargestellt wird. In der Top Besetzung mit Kevin Costner, Robert De Niro und Sean Connery bekommt man einen gelungenen Film, der die rauhen, blutigen und düsteren Seiten der Mafia und die Verflechtungen der Polizei in Chicago deutlich aufzeigt.
Eliott Ness war der Bundesbeamte, der auf Al Capone angesetzt wurde um ihn eines Verbrechens zu überführen, insbesondere im Zusammenhang mit Verstoß gegen die Prohibition. Letztlich konnte Capone nur eine Steuerhinterziehung nachgewiesen werden, die jedoch ausreichte um ihn vergleichsweise kurz vor dem Ende der Prohibition hinter Gittern zu bringen.
Die Filme aus der The Godfather, bzw. Der Pate - Reihe von Francis Ford Coppola geben einen guten Einblick in die Mafia, allerdings muss man hierbei beachten, dass diese Filme zu einem deutlich späteren Zeitpunkt, in den 40er Jahren spielen. Besonders der erste Teil mit Marlon Brando und Al Pacino ist großartig gespielt und steigt aus dem Blickwinkel der Mafia deutlich tiefer in die Machenschaften und Bandenkriege ein, als dies aus The Untouchables ersichtlich wird.
In diesen Filmen wird auch die Herkunft der Mafia aus Italien (Sizilien) beleuchtet und der Kontrast zwischen der italienischen Landbevölkerung und den Weltmetropolen in den USA ersichtlich. Wie auch zu Capones Zeiten ist die Mafia hier nicht bereit in das Drogengeschäft einzusteigen und hat klare Regeln, an die sich zu halten ist. Das Bild des “Paten” ist für die Gangsterzeit auch nicht gänzlich zutreffend, bzw. übertragbar, doch die Strukturen der Familie mit Consigliere und Soldaten, etc. sind nach wie vor gegeben. Das Bild der “Familie” wird hier allerdings sehr stark auf Blutsverwandte fokussiert. In den Gangsterzeiten war in der Familie jeder, der sich dieser Organisation unterordnete, männlich und italienischer Abstammung war.
Wieder passender für die 20er/30er Jahre ist der Spielfilm Road to Perdition von 2002. Tom Hanks sieht man hier in der Rolle Auftragskillers Michael Sullivan. Für den Mafiaboss John Rooney, der Sullivan wie einen eigenen Sohn behandelt, klärt er unangenehme Fälle. Bei einem Auftrag, der aus dem Ruder läuft, wird er von seinem eigenen Sohn beobachtet und gerät nun in das Fadenkreuz von Rooneys eigenem Sohn, der der Grund dafür war, warum der simple Auftrag entgegen der Anweisungen des Mafiabosses ausgeführt wurde.
Es folgt ein Roadmovie in der Sullivan auf Rache sinnt und versucht seinen Sohn zu beschützen. Hierbei wird er auch bei Al Capones Chicago Outfit vorstellig. Gesehen habe ich diesen Film tatsächlich erst vor wenigen Tagen und war mehr als positiv angetan und fühlte mich mitgenommen und mit den beiden Sullivans mitfühlend. Ihre Gegner sind vielleicht etwas zu überzeichnet und partiell erinnert die Machart mehr an einen Superheldenfilm. Dennoch ein lohnenswerter Film, der vom Ambiente der Zeit vielleicht noch mehr präsentiert, als dies bei den Unbestechlichen der Fall ist.
Epochaler ist sicherlich Sergio Leones Film Once Upon A Time in America/Es war einmal in Amerika mit Robert De Niro. Man sieht hier eine Jugendgang in zeiten der Prohibition, die sich mit den üblichen Gaunereien (Erpressung, Schmuggel, etc.) verdingt. So kommt es auch bald zum ersten Mord, der einen von ihnen, Noodles, ins Gefängnis bringt. Während dieser nun seine Strafe absitzt, haben die anderen es zu einem erfolgreichen Gangstersyndikat gebracht, dass allerdings zu zerbrechen droht, als Gier und Eifersucht die bande der Freundschaft überstrapaziert.
Mit über drei Stunden Laufzeit bekommt man bei diesem Film von 1984, teilweise allerdings auch eher langatmig, viel Flair der 20er Jahre geboten. Ein breites Spektrum an Beziehungen, Nebenhandlungen und Figuren bilden damit eine Fundgrube für Ideen.
Und aktuell im Kino läuft sogar Live by Night von und mit Ben Affleck, in dem sich Joe Coughlin, der Sohn des Bostoner Police Superintendents auf die Seite der Gangster begibt. Leider verstößt er bei diesen sogleich gegen zwei Regeln: Er erleichtert einen mächtigen Gangsterboss um etwas Geld und dessen Braut, was dieser nicht ungestraft mit sich geschehen lässt.
Weitere Filme: Miller's Crossing , Public Enemies und die Serie Boardwalk Empire .
Bilder
Charaktere und NSC’s im Rollenspiel möchte man gerne auch mit geeigneten und passenden Profilbildern versehen. Was liegt da näher als auf authentische Fotografien zurückzugreifen. Glücklicherweise sind Fotos aus dem Zeitraum der 20er Jahre auf Grund ihres Alters aus Urhebererechtsgesichtsunkten nahezu bedenkenlos nutzbar.
Eine wahre Fundgrube bilden sogenannte Mugshots aus dem Zeitraum der klassischen Gangster. Diese von den Behörden damals angefertige Verbrecherfotos sind in ihrer Gänze stimmig, schließlich tragen die Personen nicht nur authentische Kleidung, sondern sind (nach damaligen Gesichtspunkten) auch wahre Gangster.
Eine Bildersuche im Internet mit den Stichworten “Mugshot 1920s” oder “Mugshot 1930s” liefert eine Fülle an Material. Die Ergebnisse sollte man anschließend noch auf schwarz-weiß Bilder einschränken.
Den ein oder anderen Bekannten wird man dabei unter den Suchergebnissen wiederfinden.
Es ist dabei auch äußerst interessant sich einmal mit den Personen zu befassen, die dort abgelichtet wurden. Wer war das und was hat er, bzw. sie verbrochen. Teilweise stößt man hier auf Kuriositäten, bzw. Vergehen, die heutzutage bestenfalls ein Kopfschütteln über die damaligen Verhältnisse und bestimmt keine Verhaftung mit sich bringen würden.
Richtig gute, zeitgenössische Fotos von Chicago, leider nicht alle lizenzfrei, findet man auf der Webseite The Man on Five. Diese gestatten einen sehr guten Einblick in das Chicago der Gangsterzeit.
Karten
Im Einband des Gangster Quellenbandes hat Pegasus eine zeitgenössische Karte von Chicago eingebunden. Diese ist allerdings nahezu unbrauchbar, da die Beschriftungen nicht gut zu lesen sind, ein Register fehlt und eine Karte im Einband an sich schon unhandlich ist. Auf der Suche nach geeignetem Material im Netz bin ich auf Karten von 1857, 1881 und 1891 gestoßen, die zur Gangsterzeit zwar bereits rund 40 und mehr Jahre alt, dafür aber in guter Qualität (teilweise sehr hochauflösend) sind und frei verfügbar vorliegen. Die Karte von 1891 habe ich hier übrigens überarbeitet und einige relevante Punkte eingezeichnet, soweit ich sie ermitteln konnte.
Eine weitere Karte von 1927 zeigt die Ganggebiete in Chicago auf und macht damit nicht nur deutlich, wie viele Gangs damals die Stadt beherrschten, sondern auch wie diese in der Stadt verteilt waren. Neben Iren und Italienern findet man auch hier die Gebiete der Deutschen, Polen, Juden, Böhmen, etc. (Mit Dank an Greifenklaue für dieses Fundstück.)
Darüber hinaus folgt hier noch ein “historischer Stadtführer” mit relevanten Orten in Chicago zur Gangsterzeit. Die Links verweisen auf Hintergrundmaterial (zumeist auf Englisch) zum jeweiligen Ort, bzw. auf Google Maps, so dass man die Adresse schneller zuordnen kann. Darüber hinaus sind diese Orte auch in der historischen Karte gekennzeichnet.
Kennt jemand noch mehr relevante Adressen?
[to be continued…]
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