Zu Besuch bei Don Camillo und Peppone in Brescello

Wohl kaum ein Film hat mich in meinem christlichen und weltpolitischen Glauben mehr beeinflusst, als die Don Camillo und Peppone Filme aus den 50er und 60er Jahren. Das erste Mal habe ich diese Filme während der freien Zeit im Rahmen der Besinnungstage in meiner Schulzeit gesehen. Seither gehören sie immer wieder zum gern gesehenen Programm, was ich sonst von kaum einem Film der schwarz-weiß Ära behaupten kann.

Auf dem Rückweg vom Sommerurlaub 2016 in der Toskana war ein Zwischenstopp erforderlich, den ich dann mit Freude und einem “kleinen” Umweg in Brescello gemacht habe, jenem Ort, an dem vor über 65 Jahren diese besonderen Filme gedreht wurden. Erwartet hatte ich wirklich nicht viel, denn was soll nach einer Zeit, die fast schon einem Menschenleben entspricht, noch von damals zu sehen sein. Doch ich wurde eines Besseren belehrt und in dieser abgelegenen kleinen Welt, hat sich nicht wirklich viel verändert.

Brescello hat sich in den über 60 Jahren kaum verändert.

In Brescello ist die Zeit spürbar stehen geblieben. Die kleine norditalienische Stadt am Po ist ein verschlafenes Nest und liegt in einer der wohl ärmeren Gegenden Italiens. Weit ab von allen Tourismusgebieten ist er nur nach einer vergleichsweise langen Autofahrt über Land erreichbar. Im Stadtzentrum angekommen, stößt man unweigerlich auf die große Kirche mit dem Platz davor, die eine der Hauptkulissen der Don Camillo und Peppone Filme bildete. Die vom Kirchplatz ausgehenden Straßen zeigen das Straßenbild, wie man es von den Filmen her kennt – nur in Farbe.

Alles in der Ortschaft ist auf die Filme von damals ausgerichtet, die wohl einzige Attraktion, die Brescello zu bieten hat. So trägt auch jedes Lokal am Ort “Camillo” im Namen, ob es die Eisdiele oder das Fotogeschäft ist. Ohne Don Camillo geht dort auch heute nichts.

Via Panizzi in Brescello

Die Attraktionen rund um die auf den Büchern von Giovannino Guareschi  basierenden Don Camillo Filmen  kann man in Brescello gut zu Fuß erkunden. Im eher wenig spektakulären Don Camillo und Peppone Museum ist auch eine Karte erhältlich, die die einzelnen Schauplätze des Films im Ort aufzeigt. Sogar der deutschen Sprache ist man dort mächtig.

Vor dem Don Camillo und Peppone Museum steht auch eine weitere Requisite aus den Filmen: Der amerikanische Panzer, den Peppone (Gino Cervi) sich seinerzeit für den Fall der kommenden proletarischen Revolution gesichert hatte und in einer Nacht- und Nebelaktion zusammen mit seinem Erzfeind Don Camillo im Sumpf versenken musste und mit dem anschließend im zweiten Film (Die große Schlacht des Don Camillo) die Friedenstaube auf einem Monument im Ort abgeschossen wurde.

Peppones Panzer ist in Brescello zu besichtigen

Im Museum selber sind auch die Fahrräder zu bestaunen, mit denen Don Camillo immer wieder zu sehen ist. Einige Fotoaufnahmen aus den Filmen und weitere kleinere Requisiten sind auch noch vorhanden. Tatsächlich ist das Museum erst recht spät nach den Filmen eingerichtet worden und zur Zeit des Drehs war es nicht üblich viele Requisiten aufzubewahren. Damit ist deren Zahl auch eher überschaubar.

Interessanter sind dann die örtlichen Gegebenheiten in Brescello, insbesondere auch die Kirche Santa Maria Nascente. Im Grunde genommen handelt es sich bei der Kirche um ein äußerst einfaches Gebäude. Wer den Nachbarorten ebenfalls einen Besuch abstattet, wird doch wesentlich attraktivere Kirchen vorfinden. Doch der große Platz Piazza Motteotti vor der Kirche war sicherlich einer der Hauptgründe für die Filmemacher seinerzeit.

Don Camillos Kirche in Brescello

Der Vorbau des Portals der Kirche ist eine Hinterlassenschaft des Films und war nicht Bestandteil des sakralen Bauwerks. Da dem Regisseur die Kirche wohl zu langweilig erschien, wurde der Eingang um dieses Stück erweitert. Nach Abschluss der Dreharbeiten hat man das von vier Säulen getragene Vordach an der Kirche belassen.

Im Inneren der Kirche zeigt sie deutlich mehr Schönheit. In einer kleinen Kapelle unmittelbar links vom Haupteingang innerhalb der Kirche ist auch das Kreuz noch zu finden, von dem Jesus im Film immer wieder mit Don Camillo spricht. Das Kreuz selber ist aus Balsaholz und es ist auch nur noch ein Gesicht von Jesus erhalten. Glücklicherweise hat diese Requisite einen Brand in der Kirche Ostern 2010 unbeschadet überstanden.

Don Camillos wichtigster Gesprächspartner

Vor der Kirche und vor dem Rathaus stehen heute Statuen von Don Camillo und Peppone, die sich auf Distanz freundlich grüßen. Aber wohl auch kaum ein Tourist kann sich verkneifen mindestens einem der beiden die Hand zu reichen.

Die Wohnung von Fräulein Christina

Links neben der Kirche befindet sich das Eckgebäude, in dem das alte Fräulein Christina im ersten der Filme gewohnt hat. Jene alte Dame, vor der alle höchsten Respekt hatten, da sie lange Jahre als Lehrerin am Ort gewirkt hat. Im Erdgeschoss ist heute eine kleine Eisdiele zu finden, die Fenster direkt darüber sind im Film immer wieder einmal zu sehen.

Schräg gegenüber der Kirche ist das Rathaus von Brescello. Hat man im Film den Eindruck, dass die weltliche Regierung am Ort gleichrangig mit der Kirche aufgestellt ist, ist das Rathaus tatsächlich optisch und räumlich unauffällig seitlich und fast schon in eine kleine Seitenstraße verschwindend vorzufinden.

“Frisch Gestrichen” mit Blick auf die Kirche von Brescello

Folgt man der Straße an der Kirche zur linken vorbei, gelangt man hinter der Kirche zu einer auffälligen Villa mit kleinem Vorgarten. Dieses Gebäude diente als Residenz des Bürgermeisters Peppone, bzw. vom Balkon dieses Hauses wurde im ersten Teil der neugeborene Sohn des Bolschewisten Peppone “Liberio Antonio Camillo Lenin” dem jubelnden Volk präsentiert.

Zurück an der Kirche und am Rathaus von Brescello vorbei durch eine kleine Straße, gelangt man an eine weitere, jedoch nicht mehr gänzlich originale Sehenswürdigkeit. Am Eckpfeiler des Gebäudes befindet sich eine Reproduktion der Zeichnung “VERNICE FRESCA” (Frisch gestrichen), die Grundlage einer Episode im Film “Hochwürden Don Camillo” dargestellt hat.

Viele Gebäude in Brescello sind mit den überdachten Gehwegen/Vorbauten ausgestattet, die auch in den Filmen immer wieder zu sehen sind, entweder weil sich dort die Streikenden Arbeiter versammeln und den radelnden Priester belächeln, oder weil sich die vertriebenen Bauern kurzfristig vor dem Rathaus unter einem solchen Dach einquartieren.

Die Glocke der Roten in Brescello

Folgt man der Straße, die vom Platz vor der Kirche an Fräulein Christinas Haus vorbei führt, stößt man nach einer Querstraße auf ein imposantes Objekt. Unter dem Vordach ist eine große Glocke aufgehangen worden, jene gewaltige Glocke, die Peppone und seine “rote Bande” organisiert hat, da Don Camillo für einen ihrer verstorbenen Kameraden keine kirchliche Glocke läuten will.

Möglicherweise wundert man sich ob der doch recht dürftigen Aufhängung dieser Glocke an der Holzdecke des Durchgangs. Allerdings handelt es sich hierbei auch um ein Requisit des Films, das nur aus Pappmaché besteht und kein besonderes Gewicht aufzuweisen hat. Der im Film entwendete Glockenschwengel ist auch heute noch nicht wieder aufgetaucht.

Eine kleine Kapelle am Ortsrand von Brescello

Don Camillos Haus ist ebenfalls in Brescello noch zu finden. Ebenso die Bahnhöfe von Brescello und Boretto sind einen Abstecher wert, da sie ebensowenig verändert scheinen, wie die anderen Gebäude im Ort. Der Bahnhof von Boretto ist im ersten Teil der Filme zu sehen und wird als Bahnhof von Brescello ausgegeben. Borettos Bahnhof war den Filmemachern mit seiner alleeartigen Zufahrt wohl ansprechender für den Film. Die Bahnhöfe sind heute wohl auch noch in Betrieb, machten allerdings zum Zeitpunkt meines Besuchs einen äußerst baufälligen Eindruck und gaben kein schönes Motiv für ein Foto ab.

Am Ortsrand von Brescello befindet sich eine kleine Kapelle, die Maria gewidmet ist. Auch diese findet sich in den Filmen wieder. Die Kapelle wurde in den vergangenen 65 Jahren allerdings auch das ein oder andere mal renoviert und unterscheidet sich dadurch deutlich von den Filmaufnahmen.

Hotel Ostello Bortolino am Po

Die kleine Tour durch Brescello nimmt wirklich nicht viel Zeit in Anspruch. Für die Nacht – wir waren ja auf die Rückreise nach Deutschland – hatte ich kurzfristig ein kleines Hotel in der Nähe (jenseits des großen Flusses) gebucht und wurde ein weiteres Mal überrascht. Von außen wirkte die im Internet gebuchte Unterkunft ein wenig zwielichtig: vergitterte Fenster, Alleinlage, großes Gemälde an der Fassade. Doch dann entpuppte sich das vom Inhaber der nebenan gelegenen Osteria De Bortolino betriebene Hotel als ein Kleinod. Sowohl das stimmungsvoll eingerichtete Restaurant (mit den bislang besten Nudeln, die ich je gegessen habe), wie auch das liebevoll eingerichtete Hotel Ostello Bortolino mit Übernachtungskosten von rund 60 € inkl. Frühstück verdienen eine dringende Empfehlung.

Die Osteria De Bortolono

Fußläufig gelangt man vom Hotel zum Po. Das Hotel und die Osteria sind an der Straße gelegen, die zur einstigen Schiffsbrücke über den Po geführt hat. Im zweiten Teil der Don Camillo und Peppone Filme (Die große Schlacht des Don Camillo), ist im Vorspann die Schiffsbrücke über den Po zu sehen. Und in einer Fahrradszene mit Fernandel (Don Camillo) radelt er auch tatsächlich an eben jenem heutigen Hotel, damals noch mit einem Graffiti “Forza Bartali che sei solo” neben den vergitterten Fenstern vorbei. Ein ganz besonderes kleines Highlight, das mir der Besitzer des Hotels erst zum Frühstück offenbarte.

Heutzutage befindet sich gegenüber des Hotels eine große Straße und die neue Brücke über den Po, sodass die Schiffsbrücke nicht mehr erforderlich ist. Einige der Boote, die die Pontonbrücke über Jahre getragen haben, sind am Fluss allerdings noch ausgestellt.

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Freunde der Don Camillo und Peppone Filme kommen in Brescello also durchaus auf ihre Kosten. Und auch, wenn man etwas mehr die Ruhe such, ist man in Brescello gut aufgehoben, denn überlaufen ist der Ort keineswegs (30.000 Touristen pro Jahr halte ich sogar fast schon für ein Gerücht). Und bieten die Städtchen Brescello und Boretto ansonsten wenig Spektakuläres, ist die Gegend um den Po ansonsten durchaus auch noch eine Reise wert.

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