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Bild: © Sergey Klimkin / Pixabay (modifiziert)

Gedanken zu Rezensionsexemplaren von Büchern

Auf diesem Blog finden sich immer wieder mehr oder weniger ausführliche Besprechungen und Vorstellungen von Büchern. Zwar bezeichne ich diese als Rezensionen, doch ich weiß genau, dass mein Geschreibsel nicht immer des Titels “Rezension” würdig ist. Vielmehr hat alles damit begonnen, dass ich für mich selber kurze spoilerarme Zusammenfassungen und Meinungen zu den gelesenen Büchern gemacht habe. Zunächst sporadisch, mittlerweile immer.

Meine Webseite ist kein reiner Buchrezensionsblog und der überwiegende Teil der besprochenen Werke entstammt persönlicher Anschaffungen, also von eigenem Geld (mittlerweile wieder) in der örtlichen Buchhandlung käuflich erworben. Im Verlaufe der vergangenen zwei Jahre sind dann aber auch einige Exemplare dazu gekommen, die mir entweder aufgrund von Korrektorats-, Lektoratstätigkeiten, oder sogar gezielt zur Rezension zur Verfügung gestellt wurden.

Ein billiges Geschäft

Ich finde es keineswegs verwerflich, Bücher von Verlagen oder Autoren anzunehmen um diese im Rahmen einer Besprechung oder Rezension anschließend vorzustellen. Ja, es ist Marketing oder schlichtweg Werbung und zugegebenermaßen eine schlecht bezahlte, für die Verlage also billige noch dazu. Mit bezahlt meine ich dabei die kostenfreie Zusendung des Rezensionsexemplars (für ein klassisches Taschenbuch zahlt der Verlag somit proforma einen Betrag von deutlich unter 20 € inklusive Versand) für eine mehrtägige Arbeit des Rezensenten. Den Stundensatz für das Lesen, Gedanken machen, Rezension schreiben und veröffentlichen, mag ich da gar nicht ausrechnen.

Der Gewinn liegt also primär auf Seiten des Verlags, der so eine äußerst kostengünstige (verdeckte) Reklame für sein Produkt machen kann, aber damit auch ein durchaus riskantes Geschäft eingeht, da er nicht weiß, was er bekommt.

Die Sternebewertung bei großen Online-Shops wie z.B. Amazon und Co. sind verkaufsfördernd, aber auch absolute Killer. Produkte mit weniger als vier Sternen manifestieren sich, wie ich von Verlegern bestätigt bekommen habe, faktisch zu Ladenhütern und damit je nachdem zu einem finanziellen Debakel.

Die Zwickmühle

Als Rezensent steckt man allerdings auch in einer gewissen Klemme, denn wird man von Verlagen einmal mit entsprechenden Rezensionsexemplaren bedacht, sieht man sich auch einer Bringschuld gegenüber. Bringschuld in dem Sinne, dass man das Werk auch zeitnah lesen und besprechen muss (was in der Regel das kleinere Übel darstellt), zum anderen aber auch ein Urteil fällen muss. So manch einer möchte oder darf damit den Verlag nicht vergrätzen (da dieser einen sonst nicht mehr mit Rezensionsexemplaren beglückt), zum anderen aber auch die potenzielle Leserschaft nicht durch eine Gefälligkeitsrezension in die Irre führt. Nicht jeder ist ein Marcel Reich-Ranicki, der sich einen Verriss nach dem anderen erlauben kann. (Wobei von Marcel Reich-Ranicki verrissene Werke oftmals vermutlich genau hierdurch dennoch zum Verkaufsschlager wurden.) Bei vielen Rezensenten, die ein Gratisexemplar des besprochenen Werks erhalten haben, fällt das Urteil dementsprechend oft zu positiv aus.

Letzteres ist eine Frage, die ich mir dann auch persönlich immer wieder aufs Neue stelle. Wenn ich eine Rezension geschrieben habe und anschließend meine “Sterne” für das Produkt vergeben habe, wird nicht selten kurz vor der Veröffentlichung dann doch noch einmal ein Stern abgezogen.

Die Rezension ein paar Tage (eher in Richtung einer Woche als lediglich übermorgen) liegen zu lassen und erst zu veröffentlichen, wenn man schon mitten im nächsten Buch steckt, ist übrigens eine gute und von mir oftmals umgesetzte Idee. In vielen Fällen relativiert sich so das Urteil zum vorangegangenen Werk von alleine, wenn man etwas Abstand von dem vermeintlich grandiosen Werk bekommen hat, das man mit Spannung bis zur letzten Seite gelesen hat.

Ob man Produkte generell mit x Sternen korrekt klassifizieren kann, sei einmal dahingestellt und ist nicht Bestandteil dieses Beitrags. (Nein, das System ist gänzlich ungeeignet, aber das muss ich an anderer Stelle noch einmal ausarbeiten.)

Ich bin auf die Veröffentlichung von Rezensionen und “geschenkten” Bücher nicht angewiesen. Weder aus monetärer noch anderweitiger Sicht. Wenn meine begründete Meinung – und weniger ist eine Rezension ja nicht – einem Verlag nicht passt und er mir aus diesem Grund keine Rezensionsexemplare mehr zukommen lässt, trifft mich das nicht, da ich das durchaus verstehe. Der Verlag muss Geld verdienen, das kann er mit einem Verriss als Rezension nicht, aber ich gebe meinen Namen oder mein Urteil auch nicht für den kommerziellen Erfolg eines aus meiner Sicht bescheidenen Produkts her.

Die Sache mit der Transparenz

Ein anderer Punkt ist die Transparenz. Eben weil ich um das Risiko einer gefärbten Rezension oder Beurteilung weiß, halte ich es für mehr als fair dem Leser gegenüber, auf die Beteiligung des Verlags oder Autors am Zustandekommen der Produktbesprechung hinzuweisen. In meinem Fall findet sich am Ende einer Rezension ein entsprechender Hinweis, dass ich das Werk kostenfrei zur Verfügung gestellt bekommen habe, oder gar an der Produktion in einer wie auch immer gearteten Weise beteiligt war.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Sorben

    Das grade gelesene Bücher oft positiver bewertet werden, ist aber, glaube ich, ein grundsätzliches Problem. Daher ein sehr guter Tipp, das Buch erst etwas später zu bewerten.
    Wie sieht es mit der Kritikfähigkeit von Rollenspielverlagen im Gegensatz zu klassischen Verlagen aus? Hast du da Erfahrungen? Meine Beobachtung ist, dass Rollenspielverlage sehr sachlich und konstruktiv mit Kritik umgehen. Bei anderen Verlagen habe ich keine Erfahrungen.
    Ich schätze, das liegt daran, dass Regel-, Quellenbücher oder anderes Material in einer späteren Auflage verbessert werden können. Romane werden allerdings eher selten umgeschrieben :)

    1. Michael L. Jaegers

      Nun, tatsächlich habe ich in Sachen Rezensionsexemplaren bei Rollenspielverlagen nur sehr wenig Erfahrung und kann damit auch Deine These, dass diese deutlich großzügiger seien, weder stützen noch widersprechend. Tatsächlich habe ich in dem Sektor erst zwei richtige Rezensionsexemplare erhalten, wobei eines davon, das Dungeons&Workouts Fitnessbuch, nicht wirklich in diese Rubrik fällt. Alle anderen Rezensionen basieren auf selber frühzeitig erworbenen Produkten.
      Wohl weiß ich, dass meine Rezensionen von dem ein und anderen Verlag gelesen und ab und an auch schon einmal geteilt wird, naturgemäß vor allem die Beiträge, bei denen das Produkt besser weggekommen ist. Von daher – auch wenn ich an die Diskussion Ulisses vs. Teilzeithelden denke – halte ich die Rollenspielverlage nicht unbedingt für kritikfähiger. Persönlich auf einer Convention einen Verlagsvertreter auf Schwächen eines Produkts mit der Bitte um Hintergrundinfos angesprochen, wurde mir bislang immer nur mit einer ablehnenden Haltung im Sinne von “Wenn Dir das Produkt nicht gefällt, dann kauf es nicht” begegnet. Auch hier für mich kein Zeichen von Kritikfähigkeit.
      Neuauflagen, nein, besser: neue Editionen im Rollenspielbereich sind zwar nicht unüblich, aber ehrlich gesagt doch wohl nur für Produkte, die auch Umsatz bringen. Ein verrissenes, allgemein als schlecht angesehenes Spiel wird meiner Kenntnis nach nicht verbessert wieder auf den Markt gebracht. Da ist der Verlag froh, wenn er sein Lager mit den Ladenhütern endlich befreit hat und schreibt das Ding ab. Neuauflagen gibt es – böse gesprochen – nur dort, wo man viele Kunden hat und diese mit einer neuen Version noch einmal um Geld erleichtern kann – und unumstritten sind diese bei den Kritikern dann auch nicht. ;-)

      1. Sorben

        Vielen Dank für deine Einschätzung! Meintest du den Vorfall mit der Streichung aus der Verteilerliste für Rezensionsexemplare? Dazu hatte ich auch mal was geschrieben, war aber Neue Abenteuer/Ulisses oder gab es da noch was?

        1. Michael L. Jaegers

          Du hast natürlich vollkommen recht, es waren nicht die Teilzeithelden, sondern Neue Abenteuer, die die nach einem kleinen Rant über die Flut an Rezensionsmaterial zu DSA von Ulisses von der Liste der Rezensenten genommen wurden. Genau das meinte ich.

  2. FiktiveWelten

    Vernichtende Verrisse musste ich bisher Gott sei Dank noch nicht schreiben, kann mir aber vorstellen, dass gerade Kleinverlage oder Selfpublisher die Nase krausziehen, wenn man sie mit weniger als 3 Sternen konfrontiert. Inwiefern ein großes Verlagshaus dann von weiteren Rezensionsangeboten zurücktritt, entzieht sich meiner Kenntnis. Sollte es einmal dazu kommen, ist es einfach so. Meine Buchbesprechungen bleiben ehrlich und werden einmal veröffentlich auch nicht auf Wunsch abgeändert oder wieder gelöscht. Mir selbst ist dergleichen noch nicht passiert, aber hier und da liest man von entsprechenden Anfragen …

    Die Bewertung auf Basis von Sternen finde ich selbst auch eher suboptimal. Einerseits fällt mir die Entscheidung meist schwer und andererseits ändert sich mein Geschmack im Laufe der Zeit und einige Sterne stünden aktuell wohl in anderer Konstellation unter den Rezensionen. Allerdings kam es immer wieder zu Fragen, wieviel Sterne dieser oder jener Titel denn nun bekäme, also habe ich die Wertungen vorübergehend aufgenommen. Wohl fühle ich mich damit allerdings nicht immer … Mal schauen, inwiefern ich das doch wieder ändere.

    Die Sterne wären eine gute Idee für die nächste Follow Friday Frage – das nehme ich mal mit. :o)

    Liebe Grüße
    Patricia

    1. Michael L. Jaegers

      Oha, dann muss ich mich wohl doch schneller mit dem Thema Bewertungseinheiten befassen, als ich beim Schreiben des Beitrags gedacht hatte. Danke für die Vorwarnung ;-)

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