Alle Jahre wieder…
Nach dem vierten Advent stehen christliche Familien oft vor demselben Problem: Auf dem Adventskranz stehen vier Kerzenstümpfe unterschiedlicher Größe. Die Industrie bietet zu diesem Zweck bereits Kerzen unterschiedlicher Größe an, so dass – wenn man mit der größten Kerze beginnt – am Ende alle Kerzen gleich lang sind. Andere versuchen mit dem Abbrennen der Kerzen so zu jonglieren, dass alle Kerzen in etwa gleich weit abbrennen.
Wie brennen die Kerzen auf einem Adventskranz gleichmäßig ab?
Nun stellt sich die Frage, ob man dieses Problem auch mathematisch darstellen und lösen kann. Gibt es also die Möglichkeit für einen Adventskranz die Kerzen so anzuzünden (und die Tradition des Adventskranzes, also erst eine, dann zwei, dann drei und zum Schluss alle Kerzen brennen zu haben nicht zu verletzen), dass am Ende alle Kerzen gleich weit heruntergebrannt sind? Falls dem nicht so ist, gibt es dann überhaupt einen um eine bestimmte Anzahl an Kerzen erweiterten Adventskranz, bei dem dies bei entsprechend erweiterter Zahl an Wochen möglich ist? Wir gehen dabei davon aus, dass die Kerzen in jeder Woche gleich lange brennen und natürlich auch entsprechend in gleichem Maße kürzer werden.
Erste Überlegungen
Bei einem reduzierten Adventskranz (3 Kerzen) taucht das Problem nicht auf, wie man leicht erkennen kann: In der ersten Woche brennt nur eine Kerze, so dass die drei Kerzen nun die Längen
Mathematisch formulieren wir nun die Aufgabe wie folgt: Wir haben k Kerzen und entsprechend k Wochen in denen von eins beginnend immer eine Kerze mehr entzündet wird, bis in der Woche k (die letzte Woche) dann auch k Kerzen brennen. k ist dabei eine natürliche Zahl (k aus N).
Die Länge, die eine Kerze in einer entsprechenden Woche herunterbrennt wird vereinfacht als eine Abbrandeinheit bezeichnet. Um der Lösung nun näher zu kommen sind die Abbrandeinheiten interessant. Bei einer Kerze (und entsprechend einer Woche) benötigen wir nur eine Abbrandeinheit. Betrachten wir einen Zeitraum von zwei Wochen ergeben sich drei erforderliche Abbrandeinheiten: Eine in der ersten Woche und zwei in der zweiten Woche.
Dabei ist dann auch gleich ersichtlich, dass das Problem bei einer Kerze nicht besteht und bei zwei Kerzen nicht lösbar ist, denn zur Lösung müssen die Abbrandeinheiten gleich und ganzzahlig auf die Zahl der Kerzen aufgeteilt werden können. Bei drei Kerzen (und drei Wochen) benötigt man 1+2+3 = 6 Abbrandeinheiten. Das Problem ist (s.o.) bei einem Adventskranz mit drei Kerzen wieder lösbar.
Allgemein lässt sich die Zahl der erforderlichen Abbrandeinheiten a also aus der Zahl der Wochen (und Kerzen) k wie folgt bestimmen: Summe aller natürlichen Zahlen von 1 bis k (a=1+2+…+k). Hierzu kann man Dank des kleinen Gauss eine einfache Formel zu aufstellen:
Diese Formel erklärt sich übrigens recht einfach: Addiert man das größte Element (hier: k) und das kleinste Element (hier: 1) der Reihe, so erhält man eine Summe die gleich der Summe für das zweitgrößte (k-1) und zweitkleinste Element (2) ist, etc. Paarweise zusammengefügt ergeben die Zahlen also immer den gleichen Wert. Aus k Zahlen kann man
Auf diese Weise kann man nun für einen beliebig großen Adventskranz die Zahl der erforderlichen Abbrandeinheiten ermitteln. Für den klassischen Adventskranz (k=4) benötigt man somit 10 Abbrandeinheiten. Die Zahl der Abbrandeinheiten a muss sich nun auf die Zahl der verfügbaren Kerzen k gleichmäßig aufteilen lassen. Teilt man also a durch k darf (im wahrsten Sinne des Wortes) kein Rest verbleiben. Oder anders formuliert,
Die These und der Beweis
Nach ein wenig Probieren (s.o.) konnte ich feststellen, dass das Problem bei k=1, 3 oder 5 nicht besteht, bei k=2 oder 4 hingegen wohl, oder ich zumindest noch keine Lösung gefunden habe. Auffällig ist, dass es eine Unterscheidung zwischen geraden und ungeraden Kerzen-/Wochenanzahlen gibt. Daher formuliere ich nun die gewagte These, dass das Adventskranzproblem bei ungerader Kerzenanzahl nicht besteht, bei gerader Anzahl hingegen wohl. Damit kommen wir zu einer einfachen Fallunterscheidung.
Im ersten Fall werden nun die geraden Zahlen betrachtet.
Eine gerade Zahl lässt sich dabei durch Multiplikation einer beliebigen natürlichen Zahl n mit 2 erzeugen. Hier sei dann also die Zahl der Kerzen/Wochen
a ist wiederum durch die Formel von oben zu berechnen, also
Da
Bleibt noch die Betrachtung für die ungeraden Zahlen im zweiten Fall.
Wie schon bemerkt lassen sich ungerade Zahlen durch
Auch hier kann recht einfach durch
Diese Aussage (eine um eins erhöhte natürliche Zahl ergibt eine ganze Zahl) ist unbestritten wahr, womit die Aussage des zweiten Falles, bei einer ungeraden Anzahl an Kerzen ist ein gleichmäßiger Abbrand möglich, bewiesen wäre.
Es gilt also festzuhalten, dass insbesondere der klassische Adventskranz mit 4 Kerzen, bzw. mit gerader Kerzenanzahl im Allgemeinen nicht für einen Abbrand ohne Rest nach klassischem Schema geeignet ist.
Geht dennoch noch was?
Doch wir wollen uns damit nicht zufrieden geben, denn es ist davon auszugehen, dass die Kirchen keine Änderung an der Zahl der Adventswochen vornehmen wird. Daher versuchen wir einen Modus für den klassischen Adventskranz zu finden indem die Zahl der Abbrandeinheiten dadurch erhöht wird, dass auch innerhalb einer Woche unterschiedliche Kerzen entzündet werden können. Zum Beispiel könnten Kerzen nur am Wochenende angezündet werden, wobei Samstags und Sonntags durchaus unterschiedliche Kerzen brennen.
Das dies zu einer Lösung führen kann, sei an dem Beispiel zweier Kerzen dargestellt:
- 1. Samstag: Kerze 1 (Kerzenzustand danach
, 1), - 1. Sonntag: Kerze 2 (
, ), - 2. Samstag und 2. Sonntag jeweils beide Kerzen (0, 0).
Die Überlegungen sind nun nur noch für die geraden Kerzenanzahlen von Interesse, da bei ungerader Anzahl die Lösung bereits vorhanden ist, bzw. durch nicht Wechseln der Kerze unter der Woche ebenfalls erzielt werden kann. Es erhöht sich nach dem nun verfolgten Ansatz die Zahl der Abbrandeinheiten um den Faktor f (aus N) der Tage in der Woche, in der die Kerzen brennen.
Werden nur an Wochenenden (Samstag und Sonntag) die Kerzen entzündet, so haben wir einen Faktor f=2. Werden die Kerzen an jedem Tag der Woche genutzt, so lautet der Faktor f=7.
Ergo ist
Der hintere Teil der Gleichung ist bekannt aus dem vorherigen Beweis.
Eine Lösung für das Adventskranzproblem
Für die im folgenden aufgezeigte Lösung wird von der Lehre ausgegangen, dass nur der Sonntag ein “Adventssonntag” ist, also der jeweilige Advent erst am Sonntag beginnt. Damit ist am darauffolgenden Samstag immer noch der gleiche Advent wie am Sonntag davor.
- Sonntag, 1. Advent: Kerze 1 brennt
- Samstag, 1. Advent: Kerze 2 brennt
- Sonntag, 2. Advent: Kerzen 3 und 4 brennen
- Samstag, 2. Advent: Kerzen 1 und 2 brennen
- Sonntag, 3. Advent: Kerzen 2, 3 und 4 brennen
- Samstag, 3. Advent: Kerzen 1, 3 und 4 brennen
- Sonntag, 4. Advent und weitere Tage: alle vier Kerzen brennen
Hinweise: Bei mit
Hallöchen,
oh mein Gott ich musste gerade soooo lachen bei der mathematischen Berechnung der Kerzengröße! Wirklich herrlich! Ich bin gerade auch am Rechnen. Ich berechne gerade die Größe meiner Werkbänke komplett. Aber deine Rechenaufgabe ist deutlich lustiger!